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Wilhelm Jost (Architekt, 1887)

From Wickepedia

Wilhelm Jost (* 28. Februar 1887 in Zwickau; † 15. August 1948 im Wolsker Lazarett bei Saratow (Sowjetunion); geboren als Willy Jost, änderte seinen Vornamen nach dem Studium in Wilhelm,[1] beerdigt als Willi August Jost,[2] laut GND Wilhelm Hermann Jost) war ein deutscher Architekt und Hochschullehrer.

Leben

Jost studierte von 1906 bis 1910 an der Technischen Hochschule Dresden und an der Technischen Hochschule Stuttgart u. a. bei Paul Schmitthenner. Später arbeitete er in verschiedenen Architekturbüros in Stuttgart, es entstanden Entwürfe zu Einfamilienhäusern, öffentlichen Bauten und zahlreiche Kirchbauten im Großraum von Stuttgart. 1916 legte er das 2. Staatsexamen ab und wurde zum Regierungsbaumeister (Assessor in der öffentlichen Bauverwaltung) ernannt, 1919 wurde er wissenschaftlicher Assistent und schließlich 1922 Dozent an der Technischen Hochschule Stuttgart unter Schmitthenner. Ab 1924 lehrte er dort als außerordentlicher Professor, ab 1926 als Ordinarius für Baukonstruktionen. Seit 1920 war er verheiratet mit der (Glas-)Malerin Lydia Jost-Schäfer (* 1882).[3] Von 1925 bis 1926 war Jost als Bausachverständiger des württembergischen Vereins für christliche Kunst tätig.

Etwa ab 1926/1927 war er parallel in Dresden und Stuttgart tätig. Er schuf Entwürfe für öffentliche Bauten (Schulen), Kirchen und Einfamilienhäuser. Von 1928 bis 1945 war Jost Professor für Bauformen und Gebäudelehre an der Technischen Hochschule Dresden. In diesem Zeitraum wirkte er u. a. an Projekten innerhalb der Gartenstadt Hellerau bei Dresden mit. 1933 wurde sein Wettbewerbsentwurf für den Wiederaufbau des Alten Schlosses Stuttgart mit einem 3. Preis ausgezeichnet.[4] Im November 1933 unterzeichnete er das Bekenntnis der deutschen Professoren zu Adolf Hitler.

File:Knoopstraße 6 Loschwitz 2.JPG
Wilhelm Josts 1936 an der Loschwitzer Knoopstraße erbautes Dresdner Wohnhaus

Im September 1932 trat Jost in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei ein. Am 5. September 1933 schloss er sich außerdem der SA als Anwärter an, auf die er am 20. Juni 1934 vereidigt wurde. Ohne aktiven Dienst wurde er in ihr am 1. Mai 1937 Sturmführer, am 30. Januar 1939 Obersturmführer und schließlich 1941 Hauptsturmführer der SA. Der Öffentlichkeit verborgen verblieb seine ab 1936 ausgeübte geheimdienstliche Tätigkeit für den Sicherheitsdienst des Reichsführers SS (SD).[5]

Am 1. April 1937 wurde Jost vom Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, Bernhard Rust, im Einvernehmen mit dem sächsischen NSDAP-Gauleiter und Reichsstatthalter Martin Mutschmann zum Rektor der Technischen Hochschule Dresden berufen und wirkte in dem nationalsozialistischen Amtsverständnis als „Führer-Rektor“.[5] Von 1943 bis 1945 wirkte er zudem als nebenamtlicher Gründungsrektor der Technischen Hochschule Linz. In dieser Position setzte er sich im Sinne der NS-Ideologie ein für „die Notwendigkeit, den Geist der Front in die Hochschule zu tragen“.[6] 1944/1945 gehörte er dem Führungskreis des NS-Dozentenbundes an.[7]

Am 13. Januar 1946 wurde Jost inhaftiert; als Verhaftungsgründe sind angegeben: Aktives NSDAP-Mitglied, SA-Sturmbannführer, Rektor der Technischen Hochschule Dresden.[2] Er kam am 19. Februar 1946 in das Speziallager Mühlberg und wurde von hier aus am 7. August 1946 zunächst in ein Kriegsgefangenenlager in Frankfurt (Oder) und von dort in das Kriegsgefangenenlager 349 für deutsche Kriegsgefangene in Libava in Lettland deportiert, wo er am 18. September 1946 ankam. Von dort wurde er dann am 14. Dezember 1947 in ein Speziallazarett des Internierungslagers in Morschansk in der Sowjetunion verlegt und kam am 21. Mai 1948 schließlich in eines in Wolsk bei Saratow. Jost starb dort 1948 und wurde auf dem Friedhof in Wolsk begraben.[2]

Bauten und Entwürfe

File:NeuesJaegerhausGrillenburg010110FotoAndreKaiser.JPG
Neues Jägerhaus am Jagdschloss Grillenburg

Quellen

Literatur

  • Jost, Wilhelm. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 2: E–J. E. A. Seemann, Leipzig 1955, S. 568.
  • Michael Jaensch, Ulrich Kluge: Wilhelm Jost 1887–1948. Über das Verhältnis von Politik und Architektur in Dresden. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Technischen Universität Dresden, Thematische Reihe 45 (1996), Nr. 3, S. 27–33.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945? Frankfurt am Main 2003, S. 290.
  • Michael Grüttner: Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik. (= Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte, Band 6.) Synchron, Heidelberg 2004, ISBN 3-935025-68-8, S. 86.
  • Bernhard Sterra: Dresden und die Stuttgarter Schule. In: Kai Krauskopf, Hans-Georg Lippert, Kerstin Zaschke (Hrsg.): Neue Tradition. Konzepte einer antimodernen Moderne in Deutschland von 1920 bis 1960. Dresden 2009.
  • Kurt Reinschke, Matthias Lienert, Mike Schmeitzner: Wilhelm Jost. „Führer-Rektor“ der TH Dresden. In: Christine Pieper, Mike Schmeitzner, Gerhard Naser (Hrsg.): Braune Karrieren. Dresdner Täter und Akteure im Nationalsozialismus. Sandstein Verlag, Dresden 2012, ISBN 978-3-942422-85-7, S. 228–237.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kurt Reinschke, Matthias Lienert, Mike Schmeitzner: Wilhelm Jost. „Führer-Rektor“ der TH Dresden. In: Christine Pieper, Mike Schmeitzner, Gerhard Naser (Hrsg.): Braune Karrieren. Dresdner Täter und Akteure im Nationalsozialismus. Sandstein Verlag, Dresden 2012, ISBN 978-3-942422-85-7, S. 228, Fn. 3.
  2. 2.0 2.1 2.2 Kurt Reinschke, Matthias Lienert, Mike Schmeitzner: Wilhelm Jost. „Führer-Rektor“ der TH Dresden. In: Christine Pieper, Mike Schmeitzner, Gerhard Naser (Hrsg.): Braune Karrieren. Dresdner Täter und Akteure im Nationalsozialismus. Sandstein Verlag, Dresden 2012, ISBN 978-3-942422-85-7, S. 235.
  3. Jost-Schäfer, Lydia. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 2: E–J. E. A. Seemann, Leipzig 1955, S. 568.
  4. Der Wettbewerb zum Wiederaufbau des alten Schlosses in Stuttgart.Mittheilungen der k(aiserlich) k(öniglichen) Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale / Mittheilungen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale / Mitteilungen der k. k. Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale / Mitteilungen der k.k. Zentral-Kommission für Denkmalpflege / Mitteilungen des Staatsdenkmalamtes / Mitteilungen des Bundesdenkmalamtes, Jahrgang 1933, S. 61 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/edb (Preis siehe S. 54)
  5. 5.0 5.1 Kurt Reinschke, Matthias Lienert, Mike Schmeitzner: Wilhelm Jost. „Führer-Rektor“ der TH Dresden. In: Christine Pieper, Mike Schmeitzner, Gerhard Naser (Hrsg.): Braune Karrieren. Dresdner Täter und Akteure im Nationalsozialismus. Sandstein Verlag, Dresden 2012, ISBN 978-3-942422-85-7, S. 231.
  6. Vom neuen Geist der deutschen Hochschule. In: Oberdonau-Zeitung. Amtliche Tageszeitung der NSDAP. Gau Oberdonau / Oberdonau-Zeitung. Tages-Post. Amtliche Tageszeitung der NSDAP. Gau Oberdonau, 27. Oktober 1944, S. 3 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/obz
  7. Michael Grüttner: Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik. (= Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte, Band 6.) Synchron, Heidelberg 2004, ISBN 3-935025-68-8, S. 86.
  8. http://kirche.sandland.de/
  9. vgl. Liste der Kulturdenkmale in Ravensburg
  10. M. Kautzsch: Württembergische Kleinkirchen. In: Kunst und Kirche, Jahrgang 1938, Heft 3.
  11. http://www.thomas-scharnowski.de/mall/paulusgemeinde2.htm
  12. Liste der Kulturdenkmale in Räcknitz
  13. Hans Henninger: Architekt Wilhelm Jost. Kameradschaftshaus des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes in Dresden. In: Deutsche Bauzeitung, 71. Jahrgang 1937, S. 138–143.
  14. Zum Standort: Neues Jagdhaus in Grillenburg/ Tharandt von Wilhelm Jost 1938-39 + Wohnheim des NS-Studentenbundes in Dresden von 1936, Das Neue Dresden, abgerufen am 23. April 2020.
  15. Bernhard Sterra et al.: Dresden und seine Architekten. Strömungen und Tendenzen 1900–1970. Verlag der Kunst Dresden, Husum 2011, S. 187