Az.: S 12 KR 1268/20
sowie S 12 KR 2059/20
München, 7. April 2021
Auch wenn es – wegen der, bei korrekter Betrachtung, bereits anderweitig völlig klaren Beweissituation – nur eine untergeordnete Rolle spielen wird, wird der Vollständigkeit halber als Urkundenbeweis ein Fachartikel zum Akteninhalt gemacht, welcher klarstellt, daß die Feststellung von MDK-Moscatelli zum Forschungsstand bezüglich der Erwartungen an die Wirksamkeit völliger Unfug sind. Für jeden Chemiker, Facharzt, und sogar für manchen naturwissenschaftlich interessierten Abiturienten wird dies eine offensichtliche Sache sein; es wird hier ebenso explizit zum Ausdruck gebracht:
“Die klinischen Folgen einer Eisenüberladung sind dieselben, unabhängig von der Ätiologie und Pathophysiologie der Überladung.” (Hamilton 2017, cf B18)
Daraus folgt, daß auch die Behandlung der Eisenüberladung und die Erwartungen an die Wirksamkeit an Exjade stets dieselben sind, ohne jeglichen Bezug aufgrund welcher Indikation die Verschreibung erfolgt. Entsprechend der Kriterien des BSG können bei seltenen Indikationen, wie hier gegenständlich, keine Beweise auf der Eben einer Phase-III Studie gefordert werden. Die Wirksamkeit ist aus wissenschaftlicher Perspektive allerdings völlig offensichtlich. Folglich waren die Off-Label-Kriterien, entgegen der Darstellung von MDK-Moscatelli, erfüllt.
Ein solches Ausmass an Inkompetenz ist bestimmt auch für Ärzte des MDK ein ungewöhnlicher Umstand. Denkbar ist eigentlich nur, daß derartiger Umfug das Ergebnis ist, wenn ärztliche Aufgaben und Patienteninteressen vernachlässigt werden, wenn im Auftrag einer KK infolge Eintritt der Genehmigungsfiktion schnell ein Gefälligkeitsgutachten erstellt wird. Es wird daher, auch zur Klärung des Verschuldensmaßstabes im Rahmen der Verhandlung zweckmäßig sein, Moscatelli vom MDK beizuladen, damit sich diese allenfalls rechtfertigen kann.
Zu dem wird, mit Anhang B19, einer kürzlich erstellten Übersicht der Laborchemie im Verlauf das tatsächliche Eintreten von Organschäden glaubhaft gemacht. Der Verlauf von GOT stellt den progredienten Anstieg der Transaminasen dar, welche Rückschlüsse auf eine Schädigung der Leberzellen zulässt, wie es bei Einlagerung von Eisen in diese Organ typisch ist. GFR dient der Einschätzung der Nierenfunktion. Beide Werte haben nunmehr, naheliegenderweise als Folge der unterbliebene Therapie mit Deferasirox, einen pathologisch diagnostischen Grenzwert erreicht.
Seit dem Antrag fand nämlich keine Einnahme von Medikamenten, jenseits von Antibiotika bei Sepsis, statt. Der Kläger vermeidet wegen dem damit verbundenen Verlust diagnostisch nützlicher Information nach Möglichkeit die Einnahme von Schmerzmitteln. Mit PET-CT [ 2 ]wurde vor kurzem wiederum radiologische Tumorfreiheit bestätigt. Als Ursache kommt folglich in erster Linie die chronische, untherapierte Eisenüberladung in Frage. Bei der Leber wird die Einlagerung von Eisen die Ursache sein, der Rückgang der Nierenfunktion ist am ehesten als Folge der Sepsis zu werten. Die dieser Übersicht im einzelnen zugrundeliegenden Laborbefunde können bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden. Stellt die Gegnerin diese Einschätzung zur Debatte, dann wird ein ärztliches Gutachten zur Klärung erforderlich sein.
Anhang:
B18: MSD Manual (Ausgabe für medizinische Fachkreise) – Sekundäre Eisenüberladung. Hamilton
2017.
B19: Übersicht Laborchemie im Verlauf