An das
Bayerische Landessozialgericht
Ludwigstraße 15
80539 München
Az.: S 12 KR 2059/20
München, 22. Juli 2021
Beschwerde, mit Anträgen
Ein Schreiben der 12. Kammer[1] am SG München wurde am 25. Juni 2021 zugestellt.
(1)
Das Schreiben enthält zwar eine Überschrift “Beglaubigte Abschrift”, jedoch nichts was man als Beglaubigungsvermerk interpretieren könnte. Ohne dass erkennbar ist, wer die Übereinstimmung mit dem Original beglaubigt, und wann eine Beglaubigung vorgenommen wird, kann es sich nicht um eine beglaubigte Abschrift handeln. Das Schreiben genügt nicht den Mindestanforderungen, welche an eine Beglaubigung zu stellen sind.
Auch beim Gerichtsbescheid, auf welchen hier Bezug genommen wird, verhält es sich so.
Frau Wicke war deshalb zur formkorrekten Zustellung ihrer Beschlüsse aufgefordert wurden, hat dies jedoch ohne erkennbaren Grund unterlassen. Der gesamte Inhalt des zugestellten Schreibens ist im Anhang mit allen Seiten wiedergegeben.
Weiterer Vortrag erfolgt ausdrücklich ohne Anerkenntnis, daß wirksame Zustellungen erfolgten.
(2)
Der Gerichtsbescheid, auf welchen hier Bezug genommen wird, war ohnehin offenkundig ein nichtiger, denn die Voraussetzungen aus § 105 Abs 1 SGG lagen und liegen nicht vor. Darauf war Frau Wicke sofort hingewiesen worden. Ein Antrag, diesen aus Gründen der Klarheit auch formell zurückzunehmen, bleibt unbeantwortet.
Daß § 105 Abs 1 SGG eng auszulegen ist, kann durch die höchstrichterliche Interpretation des vergleichbaren § 153 Abs 4 SGG gezeigt werden, in welchem wesentlich weiter gefasstes richterliches Ermessen besteht. Dazu der Tenor aus dem BSG Beschluss vom 20.11.2003 - B 13 RJ 38/03 B: [ 2 ]
- 1. Die Möglichkeit, nach § 153 Abs 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden, weil eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten wird, ist eng und in einer für die Beteiligten schonenden Weise auszulegen und anzuwenden [..]
- 2. Regt der Kläger aufgrund des Anhörungsschreibens nach § 153 Abs 4 S 2 SGG die Einholung – weiterer – Gutachten an und will das LSG der Beweisanregung nicht folgen, so verstößt die Entscheidung durch Beschluss ohne Hinweis an den Kläger, dass und weshalb der Anregung nicht gefolgt werde, regelmäßig gegen die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens.
Durch Frau Wicke wurde die Frist zur Stellungnahme aufgrund des Anhörungsschreibens nicht abgewartet, sie verletzte vorsätzlich elementare Grundsätze eines fairen Verfahrens.
Ebenso war bereits die Anberaumung der mündlichen Verhandlung beantragt worden. Da Frau Wicke sich jedoch gänzlich weigert, den Sachverhalt per Amtsermittlung zu klären, dürfte ein Beschluss einer Mehrheit nach der mündlichen Verhandlung dafür notwendig werden, und die Sache kann dann eben nicht in einem Termin erledigt werden. Soweit zu den Anträgen.
(3)
Zum Fehlen der Voraussetzungen für Entscheidung per Gerichtsbescheid wird vorgetragen:
I. Die Sache weist rechtliche Schwierigkeiten auf.
- i. Zunächst in der Leistungsabgrenzung zwischen GKV und PKV auf. Die Parteien vertreten dazu unterschiedliche Sichtweisen. Die Frage ist weder höchstrichterlich noch verfassungsrechtlich geklärt. Frau Wicke hatte die Frage im Verfahren zum ER in unzulässiger Weise vorweggenommen. Da ein Übertritt von der GKV zur PKV nur in ganz spezifischen Situationen bei einer Vorerkrankung überhaupt möglich ist, und man davon während einer noch laufenden Behandlung schon aus praktischen Erwägungen absehen wird, mussten die Gerichte bisher wohl nicht mit dieser Frage befasst werden. Für den Kläger scheint es offensichtlich, daß die Abgrenzung nur nach dem Versicherungsprinzip erfolgen kann, denn der Gesetzgeber wird keine echte Leistungslücke beim Übergang zwischen Versicherungssystemen beabsichtigt haben.
- ii. Eine Verlängerung der Frist bis zum Eintritt der Genehmigungsfiktion über die fünf Wochen hinaus lässt sich aus der RSp nur im Umfang bis zur Mitwirkung ableiten. Die Frist war vor Beginn aller Verfahren bereits verstrichen. Frau Wicke hingegen räumt der Beklagten eine erneute Fünfwochenfrist ein. Ob dies rechtmässig sein kann, ist bei der mündlichen Verhandlung zu erörtern. Es ist keine geklärte Frage.
II. Der Sachverhalt bleibt in wesentlichen Punkten ungeklärt.
- i. Amtsermittlung zur fehlenden Qualifikation im Fachgebiet bei Henriette Moscatelli hat nach Aktenlage nicht stattgefunden.
- ii. Es gab in den Verfahren Vortrag zur Verletzung ärztlicher Berufspflichten bei Henriette Moscatelli – unter anderem der Weiterbildungspflicht welche in Bayern auch für Beamte gilt. Amtsermittlung gab es auch hierzu nicht. Hier wäre eine Anfrage an die BLÄK zu stellen. [ 3 ]
- iii. Ebenso konnte durch den Kläger in den Verfahren zu allen wesentlichen Punkten des vom MDK erstellen Dokuments das Gegenteil anhand der Fachliteratur sowie der Leitlinien der Fachgesellschaften gezeigt werden. Frau Wicke darf offene Tatsachenfragen medizinischer Natur nicht mit eigenen Feststellungen ersetzen. Sie hat ein Gutachten zu beauftragen. Dies erfolgte
nicht.
- iv. Eine Prüfung, ob hinreichende Gründe für eine Verlängerung der Frist bis zum Eintritt der Genehmigungsfiktion vorlagen, unterblieb ebenso. Daß Moscatelli die Frist nicht einhalten konnte, dürfte an deren Inkompetenz liegen, da der fachärztliche Antrag bereits vollständig war und durch einen kompetenten Gutachter im Fachgebiet erledigt werden konnte. Die strittige Frage ob hinreichende Gründe vorlagen ist mit einem Sachverständigen zu klären.
III. Das rechtliche Gehör wurde verletzt.
- i. Mit dem überraschenden Gerichtsbescheid vor Ende der Anhörungsfrist, und ohne Stellungnahme des Klägers vor Ende dieser Frist, zur eigentlichen Hauptsache, ob welchen sich dieses Verfahren bezieht, sind die Rechte des Klägers durch Frau Wicke vorsätzlich verletzt worden. Dem Kläger auf diese Weise die Gelegenheit zu nehmen, in der ersten Instanz weitere Anträge zu stellen und Beweisvortrag zu ergänzen, muss nicht hingenommen werden.
- ii. Akteneinsicht war durch Frau Wicke vereitelt worden. Der Gerichtsbescheid nimmt Bezug auf das Verfahren mit der Az S 12 KR 1268/20, diese stand jedoch erstmalig am 7. Juli 2021 zur Einsichtnahme zur Verfügung. Es fehlten Blätter und manche waren durch Kopien ersetzt.
- iii. Es fehlte zur o.g. Az die Verwaltungsakte auf welche ebenso Bezug genommen wird, und direkte Herausgabe der Verwaltungsakte hatte die Gegnerin verweigert. Eine Stellungnahme zum Inhalt des Verfahrens konnte schon aus diesem Grund nicht erfolgen, daher wäre es selbst bei Abwarten der Anhörungsfrist zur Verletzung rechtlichen Gehörs gekommen.
Das Vorliegen von Voraussetzungen, unter welchen Frau Wicke ein Ermessen zur Entscheidung per Gerichtsbescheid hätte, ist hier völlig ausgeschlossen.
Frau Wicke ist zunächst zur Amtsermittlung des Sachverhalts verpflichtet und hat dann die mündliche Verhandlung durchzuführen.
(4)
Ohnehin gilt, dem Wortlaut des Gesetzes folgend, der Gerichtsbescheid als nicht ergangen. Ungeachtet, ob man den Gerichtsbescheid bereits zum Zeitpunkt seines Entstehens als nichtig betrachtet oder nicht, oder als zugestellt akzeptiert oder nicht: Der rechtzeitige Antrag auf mündliche Verhandlung hatte die unmittelbare Rechtsfolge, daß der Gerichtsbescheid als nicht ergangen gilt. Es lag keine Situation vor, in welcher die Berufung objektiv gegeben war. Eine Berufung wird bei Fehlen der Voraussetzungen von § 105 Abs 1 SGG erst nach Urteil in erster Instanz statthaft. Sie wäre wegen der Bedingungsfeindlichkeit der Rechtmittel auch nicht aufschiebend bedingt möglich, etwa geknüpft an noch austehende Anträge. Auch wenn Frau Wicke hier, aus in keiner Weise nachvollziehbaren Gründen, eine Berufungsfrist von drei Monaten einräumt, ändert dies nichts daran, denn das Verfahren hatte nie den Stand einer Berufung erreicht. [ 4 ]Die Zulässigkeit eines Antrags auf mündliche Verhandlung ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes eindeutig: “Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden.”
Auch wenn der Gesetzgeber das konkrete Szenario dabei nicht im Auge hatte, er gab so dem Kläger die Möglichkeit zum Antrag auf mündliche Verhandlung, so daß eine rechtsbeugende Verkürzung des Verfahrens um eine Tatsacheninstanz nicht hingenommen werden muss.
Die unmittelbare Folge ist ebenso eindeutig: “wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.”
(5)
Der Gerichtsbescheid stützt sich auf das vermeintlich abgeschlossene Verfahren mit der Az S 12 KR 1268/20. Jedoch handelt es sich beim Abschluss lediglich um eine Fiktion der Frau Wicke. Die Situation ist ähnlich gelagert wie hier, die Voraussetzungen für Entscheidung durch Gerichtsbescheid fehlten gänzlich, Frau Wicke wurde sofort auf die Nichtigkeit hingewiesen und die formelle Rücknahme des Bescheids wurde beantragt.
Verfahrensstand dabei ist die Beschwerde wegen Rechtsverweigerung, da Frau Wicke sich gleichfalls weigert, den Sachverhalt zu klären und anschliessend die mündliche Verhandlung zu terminieren.
(6)
Frau Wicke dürfte auch hier aus der verfahrensfremden Erwägung handeln, sich öffentlicher Verhandlung gerade zu jenem Verfahrensgegenstand zu entziehen, in welchem sie bereits Verbrechen vollendet hat. Näheres kann allenfalls bei einem Erörterungstermin wiedergegeben werden, denn für Frau Wicke soll hier keine Anleitung zur gezielten Beweisvereitelung stehen.
(7)
Daher sind nun folgende Anträge beim Beschwerdegericht zu stellen:
1. Es wird festgestellt, der Gerichtsbescheid vom 22. März 2021 ist nichtig, denn die Voraussetzungen aus § 105 Abs 1 SGG lagen objektiv nicht vor.
2. Es wird festgestellt, wirksame Zustellung des Gerichtsbescheids vom 22. März 2021 erfolgte nicht.
3. Es wird festgestellt, wirksame Zustellung des Beschlusses vom 21. Juni 2021 erfolgte nicht.
4. Es wird festgestellt, der Antrag auf mündliche Verhandlung war zulässig, denn Berufung ist ohne wirksame Entscheidung in erster Instanz objektiv nicht gegeben, und die Möglichkeit ergibt sich aus dem Wortlaut des § 105 SGG unmittelbar. [ 5 ]5. Frau Wicke wird zur Beschleunigung des Verfahrens verpflichtet, von der Gegnerin die sofortige Herausgabe aller Verwaltungsakten zu fordern, damit diese zur Einsichtnahme durch den Kläger zur Verfügung gestellt werden können.
6. Frau Wicke wird zur vollständigen Ermittlung des Sachverhalts und zur anschliessenden Terminierung der mündlichen Verhandlung verpflichtet.
(8)
Der Antrag auf Ablehnung von Richtern wegen Befangenheit gilt auch hier, cf. Az. L 5 KR 174/21 SF.
Anhang:
“Beglaubigte Abschrift” von der 12. Kammer, 24. Juni 2021
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