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Iura praediorum

From Wickepedia
File:Arbor servitutum, 1548-1550.jpg
Stammbaum der Dienstbarkeiten des römischen Rechts (aus dem Corpus iuris civilis von 1548–1550), Pierre Eskrich.

Iura praediorum (auch: servitutes praediorum, servitutes reales) war im antiken römischen Recht die Sammelbezeichnung für Prädial- oder Realservitute (Grunddienstbarkeiten). Die Beschränkung des absoluten Rechts des Eigentums durch Dienstbarkeiten war wichtiger Bestandteil des Sachenrechts.[1]

Rechtsinhalte

Mittels einer Grunddienstbarkeit räumte ein Grundstückseigentümer einem benachbarten Grundstückseigentümer ein dingliches Nutzungsrecht an seinem Grundstück ein. Der Eigentümer des „herrschenden“ Grundstücks (praedium dominans) konnte als Servitutsberechtigter auf dem „dienenden“ Grundstück (praedium serviens) des Nachbarn besondere Duldungs- oder Unterlassungsrechte geltend machen,[2] wie zum Beispiel die Einräumung von Wege- oder Aussichtsrechten.[3] Das durch das Nutzungsrecht des Dritten eingeschränkte Eigentum wirkte bereits bei den Römern wie eine beschränkt dingliche Belastung, denn es wurde Teilinhalt des Eigentums. Schon während der Republik sollen Servitute abgespalten und zu selbständigen Rechten gestaltet worden sein.[3]

Unterschieden wurden die so bezeichneten Rustikal- oder Felddienstbarkeiten (iura praediorum rusticorum)[4] und die Stadt- oder Gebäudedienstbarkeiten (iura praediorum urbanorum).[5] Die Unterteilung erfolgte aufgrund landwirtschaftlicher beziehungsweise städtischer Zweckbindung, nicht nach Lagegesichtspunkten. Die Dienstbarkeiten waren schonend auszuüben und unterlagen Kriterien des gedeihlichen Miteinanders sowie Maßhaltung der an den Interessen beteiligten Parteien. Vor jedem Eingriff in Drittrechte waren die Interventionen auf die jeweilige nutzbringende Erforderlichkeit hin abzuwägen.
Die ältesten Feldservitute sind der Fahr- und Fußweg (via, iter),[6] die Viehtriebstrecke (actus), die Wasserleitung (aquae ductus);[7] jüngere sind das Wasserschöpfrecht (aquae haustus), Viehtränkerechte (pecoris ad aquam appellendi), Rechte im Zusammenhang mit der Kalkbrennerei (calcis coquendae), dem Sandabbau (harenae fodiendae) und der Kreideförderung (cretae eximendae). Grundstücksservitute waren beispielsweise Dachtraufe (servitus stillicidii),[8] soweit sie auf das Grundstück des Nachbarn ragten, ebenso Höhenbeschränkungen bei Häusern (altius nontollendi),[9] damit die Sicht nicht behindert wird. Auch Mauer- und Stützrechte (tigni immittendi, oneris ferendi)[10] sowie Regen- und Abwasserleitungen (fluminis, cloacae) waren wichtige urbane Servitute.[3]

Abzugrenzen waren Prädialservituten gegen Personalservituten, die bestimmten Personen dingliche Rechte an (un-)beweglichen Sachen einräumten.

Begründung und Beendigung von Servituten

Servitute entstanden und erloschen nach vielfältigen Regeln.

Die Bestellung konnte im Wege gerichtlicher Rechtsabtretungen (auch mancipatio) erfolgen, ebenso – in Ansehung von Regelungen von Todes wegen – über Vindikationslegate oder ganz allgemein über Ersitzung (usucapio)[11] und dinglichen Vorbehalt (deductio), jedenfalls wenn Grundstücksveräußerungen oder Teilungsverfahren (adiudicatio) in Aussicht standen. Erst die justinianische Rechtsetzung der Spätantike ließ formlose Vereinbarungen genügen.[3]

Servituten erloschen regelmäßig durch Rechtsverzicht, Nichtausübung (non usus), Rückersitzung oder Erledigung. Im klassischen Recht war probates Mittel die Rechtsverfolgung in iure cessio.

Rechtsschutz

Rechtsschutz konnte der Servitutsberechtigte über die actio confessoria einholen.[12] Die Klage war auf Feststellung und Restitution gerichtet, soweit sie erfolgreich war. Die Anmaßung von Servituten wurde mittels der actio negatoria abgewehrt.[7]

Einstweiligen Rechtsschutz konnte der Prätor im präventiven Wege des Interdikts gewähren, soweit die ihm Rechtsausübung des Servitutsberechtigten ordnungsgemäß erschien. Das Besitzschutzinteresse reichte dahin, dass sich die Parteien prozessual in umgekehrter Rollenverteilung im Prozess einfanden, um (unzulässige) Eigenmacht des Eigentümers einzuschränken.

Anmerkungen

  1. Heinrich Honsell: Römisches Recht, 5. Auflage. Springer, Zürich 2001, ISBN 3-540-42455-5, S. 73 f.
  2. Positives Tun konnte nie erzwungen werden, vgl.: D 8.1.15.1.
  3. 3.0 3.1 3.2 3.3 Herbert Hausmaninger, Walter Selb: Römisches Privatrecht, Böhlau, Wien 1981 (9. Aufl. 2001) (Böhlau-Studien-Bücher) ISBN 3-205-07171-9, S. 172–174.
  4. Dig. 8.3.
  5. Dig. 8.2.
  6. Ulpian, Dig. 8.3.1. pr.
  7. 7.0 7.1 Jan Dirk Harke: Römisches Recht. Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57405-4 (Grundrisse des Rechts), § 13 Rnr. 23 ff. und § 16 Rnr. 7 ff.
  8. Paulus Dig. 8.2.20.3–6.
  9. Gaius 2,31; Dig. 8.2.2.
  10. Gaius, Dig. 8.2.2.
  11. Max Kaser: Römisches Privatrecht. 15., verbesserte Auflage, 1989, ISBN 3-406-33726-0, § 25 II, S. 118 ff.
  12. Ulpian, Dig. 7.6.5.1.