Die Verwaltungsinformatik ist ein Teilgebiet der Wirtschaftsinformatik. Als Angewandte Informatik beschäftigt sie sich mit dem Einsatz der Elektronischen Datenverarbeitung in der Öffentlichen Verwaltung und deren Digitale Transformation.[1][2][3] Im Unterschied zur betriebswirtschaftlich orientierten Wirtschaftsinformatik steht die Verwaltungsinformatik in einem engen Zusammenhang mit Rechtswissenschaft (insbesondere Öffentliches Recht, Verwaltungsrecht) und Rechtsinformatik.[4]
Ziele, Aufgaben und Einsatzgebiete
Ziel der Verwaltungsinformatik ist es, Verwaltungshandeln durch Informationstechnik zu unterstützen.[5] Im Einzelnen beinhaltet dies den Aufbau und Betrieb von Systemen und Prozessen der IT-Infrastruktur, die Entwicklung von Web-Technologien, Datenbanken und Portallösungen sowie Datenschutz, Qualitätssicherung und Evaluation von IT-Projekten in unterschiedlichen Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen.
Das Onlinezugangsgesetz verpflichtet in Deutschland Bund, Länder und Gemeinden ihre Verwaltungsleistungen bis spätestens Ende 2022 auch elektronisch über Verwaltungsportale im Rahmen eines Portalverbunds anzubieten. In Österreich wird die Implementation der Plattform oesterreich.gv.at[6] von einer mobilen Agenda begleitet.[7] In der Schweiz verstärken Bund, Kantone, Gemeinden und Städte die Zusammenarbeit beim Aufbau und bei der Steuerung der Digitalen Verwaltung.[8][9]
Studiengänge Verwaltungsinformatik
In den D-A-CH Ländern werden im Bereich Wirtschaftsinformatik insgesamt 273 Bachelor-Studiengänge, 169 Master-Studiengänge und 77 duale Studiengänge angeboten.[10][11][12]
Spezielle Studiengänge für Verwaltungsinformatik gibt es nur in Deutschland:[13][14][15]
- seit 2001: Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern: Verwaltungsinformatik (Diplom)
- seit 2007: Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin: Verwaltungsinformatik (B.A.)
- seit 2007: Hochschule Harz: Informatik / E-Administration (B.Sc.)
- seit 2009: Hochschule Rhein-Waal: Verwaltungsinformatik - E-Government (B.Sc.)
- seit 2012: Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung: Verwaltungsinformatik (Diplom)
- seit 2012: Universität Koblenz-Landau: E-Government (M.Sc.)
- seit 2016: Hochschule Meißen (FH) und Fortbildungszentrum: Public Governance (M.Sc.)
- seit 2017: Hochschule Hannover: Verwaltungsinformatik (B.Sc.)
- seit 2017: FOM – Hochschule für Oekonomie und Management: Wirtschaftsinformatik - kommunal (B.Sc.)
- seit 2017: Westfälische Wilhelms-Universität Münster: Public Sector Innovation and eGovernance (M.Sc.)
- seit 2018: Technische Hochschule Wildau: Verwaltungsinformatik Brandenburg (B.Sc.)
- seit 2018: Hochschule RheinMain: Wirtschaftsinformatik Schwerpunkt Verwaltungsinformatik / eGovernment (B.Sc.)
- seit 2018: Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim: Wirtschaftsinformatik - E-Government (B.Sc.)
- seit 2019: Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden: Verwaltungsinformatik (B.Sc.)
- seit 2019: Hochschule Hof: Digitale Verwaltung (B.A.)
- seit 2019: Hochschule Harz: IT-Management - Verwaltungsinformatik (B.A.)
- seit 2020: Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen: Verwaltungsinformatik (B.A.)
- seit 2020: Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung: Digital Administration and Cyber Security (Diplom)
- seit 2020: Hochschule Meißen (FH) und Fortbildungszentrum: Digitale Verwaltung (B.Sc.)
- seit 2020: Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl: Digitales Verwaltungsmanagement (B.A.)
- seit 2020: Hessische Hochschule für Polizei und Verwaltung: Digitale Verwaltung (B.A.)
- seit 2021: Zeppelin Universität: Public Management & Digitalisierung (M.A.)
- seit 2021: Hochschule Schmalkalden: Verwaltungsinformatik/ E-Government (B.Sc.)
- seit 2021: Hochschule Harz: Verwaltungsdigitalisierung und -informatik (B.Sc.)
- seit 2022: Westfälische Wilhelms-Universität Münster: E-Government (M.Sc.)
- seit 2023: Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg: E-Government (B.Sc.)
Im Studium werden die Studierenden auf verschiedene Aufgaben im IT-Bereich wie Entwicklung, Betrieb, Services, Projektmanagement bzw. in Schnittstellenfunktionen zwischen IT und Verwaltung vorbereitet. Das Studium zielt auf die Schnittstelle zwischen "klassischer" Verwaltungsausbildung und Informatikinhalten. Absolventen sollen in die Lage versetzt werden, sowohl in der Öffentlichen Verwaltung als auch in Wirtschaftsunternehmen zu arbeiten, die Aufträge aus dem öffentlichen Bereich erhalten. Das interdisziplinäre Studium vermittelt neben informations- und kommunikationstechnischem Fachwissen und verwaltungs- und betriebswirtschaftlichen Kenntnissen auch soziale, kommunikative und organisatorische Kompetenzen.
Beispielhafte Inhalte:
- Einführung in die Informatik und Betriebssysteme
- IT-Infrastruktur und Netze
- Programmierung und Softwareentwicklung
- Datenbanken
- Verwaltungswissenschaft
- E-Government
- Fachverfahren der Verwaltung
- Geschäftsprozessmanagement
- Projektmanagement
- Datenschutz und IT-Sicherheit
- Öffentliches Recht
- Zivilrecht
- BWL und Rechnungswesen
- Haushaltswesen und Kostenleistungsrechnung
- Projekt
- Soziale Kompetenzen
- Fremdsprache (Englisch)
Absolventen des Studiengangs werden in allen Einrichtungen des öffentlichen Sektors und bei verwaltungsbezogenen externen Institutionen und Dienstleistern ihr Einsatzgebiet finden. Dies sind insbesondere die öffentliche Verwaltung auf allen administrativen Ebenen (EU, Bund, Länder und Kommunen), öffentliche Unternehmen (Stadtwerke, Entsorgungs- und Verkehrsunternehmen, Gesundheitseinrichtungen), Stiftungen, Vereine, Verbände, private Unternehmen im Rahmen von Public-Private-Partnership, außerdem Consulting- und Software-Unternehmen mit Beratungs-/ Kundenschwerpunkt öffentlicher Sektor.
Hinsichtlich der Anwendungsorientierung technischer Lösungen verfügen die Absolventen u. a. über Erfahrungen in der Programmierung sowie Kenntnisse in der Anwendung von Datenbank- und Workflowmanagementsystemen. Absolventen können in den Fachbereichen Anwendungsentwicklung sowie System-Administration oder als DV-Beauftragte eingesetzt werden, die eine Schnittstelle zwischen der System-Administration und den Benutzern darstellen. Absolventen werden Prozesse neu planen und computergestützte Entscheidungen vorbereiten und durchführen. In IT-, Organisations- und Fachabteilungen ist ihr technisches Know-how gefragt, das sie betriebswirtschaftlich fundiert implementieren können.
Siehe auch
Literatur
2022:
- Gina Starosta: Der Portalverbund zwischen Bund und Ländern. Artikel 91c Absatz 5GG und dessen einfachgesetzliche Ausgestaltung im verfassungsrechtlichen Wertgefüge, Nomos Verlag 2022, ISBN 978-3-7489-3555-1
2021:
- Jürgen Stember, Wolfgang Eixelsberger, Andreas Spichiger, Alessia Neuroni, Franz-Reinhard Habbel, Manfred Wundara (Hrsg.): Aktuelle Entwicklungen zum E-Government. Neue Impulse und Orientierungen in der digitalen Transformation der öffentlichen Verwaltung, Springer Gabler 2021, ISBN 978-3-658-33585-4
- Ulrich Lohmann: Architekturen der Verwaltungsdigitalisierung. Prozesse, Services und Technologien, Springer Vieweg 2021, ISBN 978-3-658-34521-1
2020:
- Hans Werner Streicher: Digitale Transformation in der öffentlichen Verwaltung. Praxishandbuch für Projektleiter und Führungskräfte, Springer Gabler 2020, ISBN 978-3-662-60937-8
2019:
- Sylvia Veit, Christoph Richard, Göttrik Wewer (Hrsg.): Handbuch zur Verwaltungsreform, 5. vollständig überarbeitete Auflage, Springer VS 2019, ISBN 978-3-658-21562-0
- Andreas Schmid (Hrsg.): Verwaltung, eGovernment und Digitalisierung. Grundlagen, Konzepte und Anwendungsfälle, Springer Vieweg 2019, ISBN 978-3-658-27028-5
- Henning Lühr, Roland Jabkowski, Sabine Smentek: Handbuch Digitale Verwaltung, Kommunal- und Schul-Verlag 2019, ISBN 978-3-8293-1377-3
vor 2019:
- Roland Traunmüller, Klaus Lenk: Die Herausbildung der Verwaltungsinformatik - ein Rückblick, in: Jörn von Lucke, Klaus Lenk (Hrsg.): Verwaltung, Informationstechnik & Management. Festschrift für Heinrich Reinermann zum 80. Geburtstag, Nomos Verlag 2017, ISBN 978-3-8487-3816-8
- Heinrich Reinermann: Verwaltungsinformatik – auch eine Wirtschaftsinformatik! in: Lutz J. Heinrich: Geschichte der Wirtschaftsinformatik. Entstehung und Entwicklung einer Wissenschaftsdisziplin, Springer Gabler 2012, ISBN 978-3-642-28142-6
- Hinrich E. G. Bonin (Hrsg.): Verwaltungsinformatik – Konturen einer Disziplin, BI-Wissenschaftsverlag, Mannheim 1992, ISBN 3-411-15671-6
- Klaus Lenk, Martin Brüggemeier, Margret Hehmann, Werner Willms: Bürgerinformationssysteme. Strategien zur Steigerung der Verwaltungstransparenz und der Partizipationschancen der Bürger, Westdeutscher Verlag 1990, ISBN 978-3-531-12174-1
Weblinks
- Offizielle Internetseite zum Diplom-Studiengang Verwaltungsinformatik an der HS Bund
- Verwaltungsinformatikseite HWR Berlin
- Offizielle Internetseite zum Diplom-Studiengang Verwaltungsinformatik in Bayern
- Offizielle Internetseite der Fachhochschule der Sächsischen Verwaltung Meißen
- Verwaltungsinformatik an der Hochschule Harz in Halberstadt
- Offizielle Internetseite zum Arbeigeberauftritt des Landes Niedersachsen mit Informationen zum Stipendium für den Studiengang Verwaltungsinformatik in Hannover
Einzelnachweise
- ↑ Maria A. Wimmer: Verwaltungsinformatik. In: Online-Lexikon Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik. 11. Juni 2015, abgerufen am 16. Januar 2022.
- ↑ Peter Mertens: Wirtschaftsinformatik. In: Online Lexikon Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik. 27. Februar 2019, abgerufen am 16. Januar 2022.
- ↑ Studiengang Verwaltungsinformatik (VIT) - Was ist Verwaltungsinformatik? Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung Fachbereich Finanzen, 2020, abgerufen am 16. Januar 2022.
- ↑ Georg Disterer: Was ist Verwaltungsinformatik ? In: Andreas Schmid (Hrsg.): Verwaltung, eGovernment und Digitalisierung. Springer Verlag, 2019, ISBN 978-3-658-27028-5, S. 41.
- ↑ Heino Kaack: Verwaltungsinformatik als anwendungsspezifische Informatik. In: E.G. Bonin (Hrsg.): Verwaltungsinformatik – Konturen einer Disziplin. BI-Wissenschaftsverlag, Mannheim 1992, S. 25 – 35.
- ↑ Österreichs digitales Amt. Verwaltung dort, wo ich bin. In: oesterreich.gv.at. Abgerufen am 17. Januar 2022.
- ↑ Valerie Albrecht: Ansätze für die neue Verwaltungsplattform in Österreich. In: Digitalbibliothek der Gesellschaft für Informatik e.V. Gesellschaft für Informatik e.V. (GI), 2019, abgerufen am 17. Januar 2022.
- ↑ Digitale Verwaltung. Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössisches Finanzdepartement, abgerufen am 17. Januar 2022.
- ↑ Willkommen auf dem ePortal – Ihre Services auf einen Blick. Schweizerische Eidgenossenschaft. Eidgenössisches Finanzdepartement, 2022, abgerufen am 17. Januar 2022.
- ↑ Bachelor-Studiengänge mit Stichwort Wirtschaftsinformatik. In: StudiScan Deutschland-Österreich-Schweiz. Abgerufen am 17. Januar 2022.
- ↑ Master-Studiengänge mit Stichwort Wirtschaftsinformatik. In: StudiScan Deutschland-Österreich-Schweiz. Abgerufen am 17. Januar 2022.
- ↑ duale Studiengänge mit Stichwort Wirtschaftsinformatik. In: StudiScan Deutschland-Österreich-Schweiz. Abgerufen am 17. Januar 2022.
- ↑ Verwaltungsinformatiker/in. In: Berufenet.Steckbrief. Bundesagentur für Arbeit, 2011, abgerufen am 16. Januar 2022.
- ↑ Verwaltungsinformatik. In: Studienwahl.de - Der offizielle Studienführer für Deutschland. Bundesagentur für Arbeit, 30. November 2021, abgerufen am 16. Januar 2022.
- ↑ https://egov-campus.org/studium-weiterbildung/bildungsnavigator