[ 1 ]L 5 KR 145/21 B ER
S 12 KR 2030/20 ER
BAYERISCHES LANDESSOZIALGERICHT
In dem Beschwerdeverfahren
F[..], 80802 München
- Antragsteller und Beschwerdeführer-
gegen
Techniker Krankenkasse, Hauptverwaltung, vertreten durch den Vorstand, Bramfelder
Straße 140, 22305 Hamburg
- Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
wegen einstweiliger Anordnung Krankenversicherung
erlässt der 5. Senat des Bayer. Landessozialgerichts in München
- am 28. April 2021
ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialgericht Rittweger sowie die Richterin am Bayer. Landessozialgericht Dr. Barkow-von Creytz und die Richterin am Bayer. Landessozialgericht Dr. Klopstock folgenden
Beschluss:
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. März 2021 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. [ 2 ]Gründe:
I.
Streitig im Rahmen des erneuten Eilverfahrens ist die Versorgung des Antragstellers mit dem Medikament Exjade.
Der [..] geborene Antragsteller war bis 30.09.2020 familienversichertes Mitglied der Antragsgegnerin. Er leidet an einer onkologischen Grunderkrankung und einer chronischen, nicht-transfusionsabhängigen Eisenüberladung.
Am 16.07.2020 beantragte der Antragsteller die Kostenübernahme für das Medikament Exjade (Wirkstoff Deferasirox) im Off-label-use. Der MDK führte dazu aus, dass die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien. Zwar läge eine schwerwiegende Erkrankung im Sinne der Rechtsprechung vor, nicht erfüllt sei jedoch das Kriterium der fehlenden Behandlungsalternative sowie das Erfordernis einer ausreichend gesicherten Datenlage. Mit Bescheid vom 24.09.2020 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Versorgung mit dem Arzneimittel Exjade daher ab. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch, der im Wesentlichen mit einem Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V begründet wurde. Die Beklagte erließ am 26.11.2020 einen Widerspruchsbescheid, mit dem der Widerspruch mangels Beschwer des Antragstellers als unzulässig abgewiesen wurde. In der Hauptsache hat das Sozialgericht München (SG) die Klage mit nicht rechtskräftigen Gerichtsbescheid vom 22.03.2021 abgewiesen (S 12 KR 1268/20).
Der Antragsteller hat am 17.09.2020 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG gestellt und die Versorgung mit dem Arzneimittel Exjade beantragt (S 12 KR 1265/20 ER). Dieser wurde mit Beschluss vom 17.11.2020 abgelehnt. Das Bayer. LSG hat die Beschwerde mit Beschluss vom 03.02.2021 zurückgewiesen (L 5 KR 542/20 B ER). Der Anspruch scheitere bereits an der beendeten Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin. Zudem bestünden keine Erfolgsaussichten in der Hauptsache hinsichtlich eines Anspruchs aus §§ 27 ff. SGB V oder aus § 13 Abs. 3a SGB V.
Am 26.12.2020 hat der Antragsteller einen weiteren Antrag beim SG auf Versorgung mit Exjade im Eilverfahren gestellt und u.a. vorgetragen, er habe am 07.12.2020 eine Sepsis [ 3 ]erlitten, es seien schwere und unzumutbare Nachteile aufgrund des hohen Infektionsrisiko zu vermeiden. Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 16.03.2021 als unbegründet abgelehnt. Der Antragsteller habe keine Kostenerstattung geltend gemacht, ein Sachleistungsanspruch könne nicht auf § 13 Abs. 3a SGB V gestützt werden.
Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde zum Bayer. LSG erhoben und beantragt,
- den Beschluss des Sozialgerichts München vom 16.03.2021 aufzuheben und die Sache an die erste Instanz zurückzuverweisen,
- hilfsweise, die Antragsgegnerin vorläufig zu Sachleistung zu verpflichten,
- hilfsweise, die Antragsgegnerin zur sofortigen Kostenerstattung zu verpflichten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
- die Beschwerde zurückzuweisen.
Gegenstand der Entscheidung waren die Gerichtsakten beider Instanzen, die beigezogene Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakte zum Verfahren L 5 KR 542/20 B ER. Auf diese wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist im Hauptantrag und in den Hilfsanträgen unzulässig bzw. unbegründet.
1. Im Hauptantrag wird eine Zurückweisung eines Beschlusses im Eilverfahren an das begehrt. Da das LSG eine vollumfängliche Tatsachen- und Rechtsinstanz ist, besteht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes - insbesondere im Hinblick auf die geltend gemachte Eilbedürftigkeit - kein Rechtsschutzbedürfnis auf Zurückverweisung an die erste Instanz. Zudem liegen die Voraussetzungen nach § 159 SGG analog nicht vor.
2. Hinsichtlich des Hilfsantrags auf Sachleistung steht die Rechtskraft des Beschlusses des Senats vom 03.02.2021 (L 5 KR 542/20 B ER) einer erneuten Entscheidung entgegen. [ 4 ]Auch Entscheidungen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind (analog § 141 SGG) der materiellen Rechtskraft fähig (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Auflage 2020, § 86b Rz. 19a, 44a; ders. § 141 Rz., jeweils m.w.N). Die Rechtskraft dient dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit, indem der wiederholte Streit der Beteiligten über dieselbe Streitsache mit der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen verhindert wird. Ein derartiges Bedürfnis besteht auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, denn dieser Rechtsbehelf hat nicht die bloß vorläufige Regelung eines endgültigen Zustands, sondern die endgültige Regelung eines vorläufigen Zustandes zum Gegenstand (Bundesfinanzhof – II B 112/91, BFHE 166, 114). Ist daher ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtskräftig als unbegründet abgelehnt worden, so steht einem erneuten Antrag die Rechtskraft des Ablehnungsbeschlusses entgegen, sofern sich die entscheidungserheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse nicht verändert haben.
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann trotz früherer rechtskräftiger Ablehnung dann wiederholt gestellt werden, wenn nach der früheren Entscheidung neue Tatsachen entstanden sind, welche eine andere Beurteilung des entscheidungserheblichen Sachverhalts rechtfertigen (BVerwG – 1 C 21/10, BVerwGE 141, 161; Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 141 Rz. 8c).
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Verschlechterung des Gesundheitszustands des Antragstellers kann grundsätzlich eine nachträgliche, entscheidungserhebliche Änderung des Sachverhalts darstellen. Vorliegend jedoch geschah diese im Dezember 2020 und hat deswegen keine Auswirkungen auf die Entscheidung, weil die Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin und damit der Anspruch auf Sachleistungen als Versicherter bereits am 30.09.2020 endete (vgl. Lang in Becker/Kingreen, SGB V, 2020, § 27 Rz. 13).
3. Der im Beschwerdeverfahren erstmals gestellte Antrag auf Kostenerstattung ist unzulässig, da es bereits an einem entsprechenden Antrag bei der Antragsgegnerin im Vorfeld und damit am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt (vgl. Keller in Mayer-Ladewig u.a., a.a.O., § 86b, Rz. 26ff.).
Damit ist die Beschwerde vollumfänglich zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 183 SGG analog. [ 5 ]Die Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar und beendet das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz.
Dr. Barkow-v. Creytz
Dr. Klopstock